Rebecca Achenbach Krank – Günter Wallraff bewohnt gleich zwei Dachgeschosswohnungen. Der rechte ist hinter einem Ganzkörperspiegel versteckt und kann nur durch einen geheimen Eingang betreten werden. Als Wallraffs Wohnung in den 1980er Jahren für den Dokumentarfilm “Ganz unten”, eine Recherche des Stahlherstellers Thyssen,
durchsucht wurde, gehörten diese zu den von ihm geheim gehaltenen Dokumenten. Das Mietshaus links hat eine unverschlossene Tür. Ein stattlicher Herr mit weißen Haaren und schwarzem Hemd nimmt gerade den Stuhl am Schreibtisch ein. Er nimmt einen Umschlag in die Hand und liest laut vor: „Sehr geehrter Herr Achenbach,
wir erheben derzeit gegen Sie folgende Forderung: 21.915,70 Euro plus 4,12 Prozent Zinsen.“ Das Fälligkeitsdatum unseres Schuldtitels liegt 30 Jahre in der Zukunft. Mit freundlichen Grüßen Abteilung Sonderkreditmanagement Stadtbank Düsseldorf Helge Achenbach lehnt sich in seinem Stuhl zurück und knallt den Brief auf den Schreibtisch.
Ein Blatt flattert zu Boden und landet dort. “Günter?” Achenbach schreit aus dem Penthouse herunter: „Noch einmal Sparkasse Düsseldorf.“ Nie haben sie mich allein gelassen. Könntest du sie bitte anrufen?
Der größte Kunstraub in der Geschichte Deutschlands
Die Treppe herauf kommt Wallraff. Der Holzboden knarrt unter seinen federnden Schritten, während er alte Hosen und Jogging-Turnschuhe trägt. Wallraff antwortet: „Zeig es mir“, und er beugt sich hinunter, um auf die Seite zu schauen. „Nein, Helge, ruf dich an und sag mir, wie es ist: dass du pleite bist und die Kohle in den Wind schreiben kannst.
“ Seit Sommer vergangenen Jahres sind Günter Wallraff, 76, und Helge Achenbach, 67, dabei Wohngemeinschaft in Köln-Ehrenfeld. Einer der prominentesten Journalisten des Landes ist Wallraff. Er forderte Großkonzerne wie Thyssen und McDonald’s sowie Medien wie die “Bild”-Zeitung und den Axel-Springer-Verlag heraus.
Achenbach war in den vergangenen drei Jahrzehnten zweifellos der umsatzstärkste Kunstberater Deutschlands. Er fungierte als Vermittler zwischen wohlhabenden Sammlern und Werken berühmter Künstler. Am 6. Juni 2018 fand sich Achenbach nach seiner Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt Moers-Kapellen planlos wieder.
Er hatte vier Jahre hinter Gittern verbracht. Während er hinter Gittern saß, reichte seine Frau Dorothee die Scheidung ein, und seine beiden Düsseldorfer Villen wurden beschlagnahmt und versteigert. Achenbach wurde zu einer Geldstrafe von 16,1 Millionen Euro verurteilt, weil er Berthold Albrecht, einem Erben der Lebensmittelkette Aldi,
durch den Verkauf von Kunstwerken Geld verloren hatte und Oldtimer. Neben der Familie Viehof, Gründer der Supermarktkette Allkauf, hatte er Christian Boehringer, einen Gesellschafter des Pharmaunternehmens Boehringer-Ingelheim, in die Irre geführt. Einen Fall dieser Größenordnung hat die deutsche Kunstwelt noch nie erlebt.
Wallraff und Achenbach lernten sich vor Jahren bei einer Versteigerung von Kunstwerken kennen, um Geld für politisch verfolgte Frauen zu sammeln. Im Laufe der Zeit nach Achenbachs Freilassung wurde die Kommunikation enger. Es scheint, dass Wallraff seine Position als Bewährungshelfer genießt. In seinem ehemaligen Standort Thebäerstraße beherbergte er einst einen vorbestraften Tresorknacker.
Zusammen mit seinem „Bruder“ Günter Wallraff, Helge AchenbachWallraff ist zehn Jahre älter als Achenbach, Achenbach betrachtet ihn also als großen Bruder. Oben auf dem Dachboden sagt er: “Günter, stimmt’s, oder?” Wie in: „Schlag mir auf die Finger, bevor ich wieder rumalbere.“ „Komm, lass uns zuerst einen Kaffee trinken“, fügt Wallraff hinzu.
Die Jungs gehen alle nach unten in die Kellerküche. Niemand hat diese Küche in einer gefühlten Ewigkeit benutzt. Auf dem Herd liegen Zeitungsausschnitte verstreut und in der Spüle ein Stapel Tassen. Die glänzende Kaffeemaschine in der Ecke ist aber funktional. Häufig treffen sie sich um den Küchentisch, um über die Zukunft von Achenbach zu diskutieren.
Was ist das für ein Leben nach jahrelanger Haft, über 20 Millionen Euro Schulden und von der Kunstwelt gemieden? Aktuell arbeitet Achenbach für einen gemeinnützigen Verein, der sich für verfolgte Künstler einsetzt. Auf einem Bauernhof in Kaarst, unweit von Düsseldorf, wurden ihnen Ateliers und Wohnungen zur Verfügung gestellt.
Dort leben derzeit zwei Syrer, ein Ivorer und ein Japaner. Auch eine Stiftung, die den Verein in Kaarst unterstützt, spendet Achenbach monatlich 2.100 Euro. Das sind 1.600 Euro nach Steuern und 800 Euro PKV-Pflichtversicherung im Monat. Da blieben uns 800 Euro im Monat. Nicht viel für jemanden,
der früher Maßanzüge trug und mit dem Bentley von Joseph Beuys durch Düsseldorf fuhr. Achenbachs Sommerschuhe hatten ihre Sohle verloren und zeigten seine nackten Füße. 49 Euro gab er bei Deichmann für ein Paar stützendere Stiefel für die nächste kalte Jahreszeit aus.
Sollten Sie einen weiteren Angriff starten oder eine Niederlage eingestehen?
Kaarst beherbergt aber mehr als nur den Künstlerhof. Achenbach hofft auf eine Lösung, mit der er seine Schulden abbezahlen kann. Bedeutend genug, um ihn wieder ins Rampenlicht der Kunstwelt zu rücken. Achenbach bewegt dieses Thema sehr. „Günter, ich glaube, die Mallorca-Story könnte was werden“, sagt er.
Wenn das gelingen sollteDas wäre fantastisch. „Hoffentlich scheitert es“, antwortet Wallraff. Das ist jedenfalls die Quintessenz: Auf Mallorca besitzt ein 92-jähriger saudischer Prinz eine Finca mit 24 Apartments und einem 300 Hektar großen Grundstück. Der sterbende Royal brennt darauf, seine Finca zu entladen. Das Interesse kommt von Finanziers aus Hongkong.
Sie haben 50.000.000 US-Dollar für den Bau eines Skulpturenparks im Garten bereitgestellt und suchen derzeit einen Kurator. „Jetzt ist meine Gelegenheit. Achenbach sagt: „Ich werde einen guten Teil der Aktion bekommen, und vielleicht kann ich eines Tages alle meine Schulden bezahlen .”„Helge, du träumst und bist in Versuchung“, sagt Wallraff zu ihm.
Was ich für den Rest meines Lebens tun möchte, ist die Frage für mich. Soll ich noch einmal angreifen? Oder gebe ich einfach auf? Wenn ja schon mal auf Mallorca warst, weißt du genau, wovon ich spreche, du bist nicht der Helge, der seine Erlösung durch das Leben auf einem Bauernhof mit verfolgten Künstlern findet.